Beann Gulbain und der Wald Tornior



Beann Gulbain ist das Land der Elfen. Als sie auf der Flucht vor den Erdlingen die Unbewohnten Länder verlassen mussten, wandten sie sich nach Westen. Dieser Weg führte sie in die Ungewissheit, denn was jenseits der Berge von Chaltais liegt, wusste niemand. Auf den Gipfeln angelangt, konnten sie ein weites Tal überblicken, das von dichtem Wald (dem riesigen Wald Tornior) überzogen war. Fruchtbares Land und vor allem ohne Sümpfe - was bedeutete, dass sie vor Erdlingen sicher wären.

Die Elfen begannen, den Wald zu betreten. Wie ein Urwald dehnte er sich aus, riesige Bäume, umgestürzte Stämme, die den Weg versperrten und Dickichte, die zu groß waren, um sie zu umgehen und zu dicht, sie zu durchqueren. In dieser Verborgenheit suchten die Elfen nach dem Ort, der ihnen zur neuen Heimat werden sollte. Nach langer Zeit der Wanderschaft und Entbehrungen brachen immer häufiger Streitereien aus, wann und wo sich das Volk niederlassen sollte. Die Familie der Daracht wollte mit ihren magischen Fähigkeiten die Führung übernehmen.

Kurz bevor es zum Kampf kam, erreichten sie inmitten von Tornior eine Lichtung. Auf einem sanft ansteigenden Hügel stand der Rachnenbaum. Er hatte die Form einer Aans-Rune. Diese steigert die magische Kraft und die hellseherischen Fähigkeiten. Das Volk der Elfen deutete dies als Zeichen, dass die Götter hier bei ihnen waren und ließ sich an diesem Ort, den sie Beann Gulbain nannten, nieder. Die Streitigkeiten hatten ein Ende und die neue Heimat war gefunden. 

Tausend Jahre später, als auch die Menschen in die Bewohnten Länder kamen, umgaben die Elfen ihre im Wald verborgene Stadt mit einem magischen Schutzkreis. Nur Elfen können ihn durchschreiten. Menschen und Zwerge schlafen darin ein. Sollten sie den Elfen willkommen sein, erwachen sie später in einem lichtdurchfluteten Zimmer in Beann Gulbain. Mewoks und Erdlinge betreten den Schutzkreis nicht. Sie erspüren die Magie zu übermächtig und wagen dies nicht.

Das Gras in Beann Gulbain ist von sattem Grün, wie nirgends sonst. Es gibt keinen Platz im ganzen Land, an dem man keine Blumen erblickt. Ihr zarter Duft durchströmt die Luft und versucht alle trüben Gedanken zu vertreiben.Die Bäume scheinen auf den ersten Blick nicht anders als in anderen Wäldern, dennoch aber sind sie um vieles schöner. Sie wachsen ebenmäßig in die Höhe und doch legt niemals jemand Hand an sie, um sie zu formen oder zu schneiden. Über all der Schönheit der Natur liegt das goldene Licht der Sonne, wie ein feiner Schleier ausgebreitet.

Strahlend weiß leuchten die Häuser der Stadt im Sonnenschein.
Obwohl viele Elfen darin wohnen gleicht die Stadt in nichts denen der übrigen Welt. Hier ist es nicht nötig, breite Gräben und hohe Mauern zum Schutz um die Stadt zu ziehen. Es gibt keine Wächter. Ein friedliches Gefühl durchströmt jeden, der dieses Reich betreten darf und dies wird nicht vielen gestattet.

In Beann Gulbain gibt es den "Spiegel der Weisheit". Auf dem altehrwürdigen Hügel, zu Füßen des Rachnenbaums, gruben die mächtigsten Magier des Elfenvolkes diesen Teich, in dem sie sehen konnten, was nicht wirklich zu sehen war: Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Obwohl diese Magier heute nicht mehr leben, der Rachnenbaum nicht mehr steht, ist die seherische Kraft des Teiches ungebrochen. Die Elfen benutzen diese Visionen häufig als Hilfe zur Entscheidungsfindung.



Textausschnitt:
„Was sollst du mich fragen?" Siona ging auf die zwei Freunde zu und setzte sich auf den Bettrand.
„Ob Larine mich auf den Arm nimmt oder ob dies hier wirklich ein Land der Elfen ist", antwortete Eremon misstrauisch.
„Er sagt die Wahrheit. Ich habe dir ja immer erklärt, dass es Elfen gibt, du wolltest mir nur nicht glauben. In jeder Sage steckt ein Funken Wahrheit, das weißt du doch."
„Deshalb nannte dich König Mundhan stets ‚kleine Elfe‘. Ich dachte, es wäre nur ein Kosename. - Und wie leben Elfen?“, fragte Eremon skeptisch weiter.
„Eigentlich genau wie Menschen. Sie haben Häuser, Gärten, Pferde und andere Haustiere. Sie kochen, weben und nähen, bestellen Felder und jagen Wild. Es gibt keinen großen Unterschied."
Larine schüttelte grinsend den Kopf. „So kannst auch nur du sprechen. Hier ist alles anders. Alles ist eine Spur schöner, heller und klarer. Die Elfen ermüden nie, jeder von ihnen ist ein Künstler. Sie werden niemals krank und sehen verblüffend gut aus... ."
Larine fuhr in seiner Aufzählung fort und Siona lächelte über seine Übertreibungen. Eremon aber blickte ihr mit einem Ausdruck ins Gesicht, mit dem er zu fragen schien, wie sie unter diesen Umständen ausgerechnet an ihn geraten konnte. Als Larine endlich endete sprach Siona nüchtern:
„Eines ist in Beann Gulbain wirklich anders: Hier heilen Krankheiten schneller."


Alrivan
Abseits gelegene Lichtung in Beann Gulbain. Familiensitz der Daracht von Alrivan.
Ein schmaler Pfad schlängelt sich unter den hohen Bäumen von Tornior hindurch, bis ein kleines Häuschen in einer sanften Senke auftaucht.

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