Astrid Lindgren wird
am 14. November 1907 auf Näs, in der Nähe von Vimmerby, im schwedischen
Smaland geboren, wo sie im Kreis ihrer Geschwister aufwächst. Diese
glücklichen Erlebnisse, die Landschaft, die kleinen Orte und die Eigenheiten
der Menschen verarbeitet sie immer wieder in ihren Büchern.
1941 erzählt
sie ihrer kranken Tochter die Geschichten von Pippi Langstrumpf, doch erst
als sie selbst 1944 eine Woche lang mit verstauchtem Fuß im Bett
liegen muss, beginnt sie diese Geschichten aufzuschreiben. Es soll ein
Geschenk zum 10. Geburtstag ihrer Tochter werden. Eine Kopie des Manuskriptes
schickt sie an den Bonniers Verlag. Als sie 1945 mit einer überarbeiteten
Fassung von Pippi Langstrumpf an einem Wettbewerb des Rabén &
Sjögren-Verlages teilnimmt, gewinnt sie damit den 1. Preis. Von nun
an erscheinen mehr als siebzig Bilder-, Kinder- und Jugendbücher.
Bis zu ihrem Tod am
28.01.2002 setzt sie sich aktiv für die Rechte der Kinder ein. Auch
im Natur- und Tierschutz war sie aktiv.
Die Brüder
Löwenherz
Gebundene Ausgabe - 237 Seiten
Oetinger Verlag
Erscheinungsdatum: 1995
ISBN: 3789129410
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Die Brüder Löwenherz
Von allen Büchern,
die ich von Astrid Lindgren kenne, ist „Die Brüder Löwenherz“
das ernsteste, tiefgreifendste und sozialkritischste (dabei ist Sozialkritik
in Astrid Lindgrens Werk durchaus häufig zu finden). Hier geht es
nicht nur um Tod und Verlust, sondern um Auflehnung gegen Unterdrückung
und den Sturz eines Tyrannen. Dennoch ist es vor allem ein Abenteuerbuch,
in dem Astrid Lindgren es wie immer versteht, einzigartige Personen mit
Schwächen und Stärken liebevoll zu zeichnen, Spannung zu erzeugen
und den Leser zu fesseln. Es ist ein Buch das Mut macht, in vielerlei Hinsicht.
Es nimmt Kindern die Angst vorm Tod und stärkt zugleich ihr Vertrauen
in sich selbst, um zu kämpfen und niemals aufzugeben. Ein zeitloses
Buch, das allein schon gereicht hätte, um Astrid Lindgren
als eine wahrhaft
große Schriftstellerin anzuerkennen.
Krümel (eigentlich
Karl) ist ein kleiner, schwerkranker Junge, der nicht mehr lange zu leben
hat und den ganzen Tag liegen muss. Er liebt seinen älteren Bruder
Jonathan. Dieser ist immer für ihn da und erzählt ihm spannende
und aufmunternde Geschichten. Als es in der Wohnung brennt, nimmt Jonathan
seinen Bruder Krümel auf den Rücken und springt mit ihm aus dem
Fenster. Durch den Sturz stirbt Jonathan, rettet jedoch Krümels Leben.
Krümel vermisst seinen Bruder schmerzlich und obwohl dieser ihn immer
getröstet hatte, dass man nach dem Tod in ein wunderbares Land gelangt,
in dem Krümel gesund ist und sie gemeinsam zum Angeln gehen können,
sehnt sich der Junge danach, Jonathan endlich wiederzusehen. Schließlich
hatten beide immer angenommen, dass es Krümel sein würde, der
zuerst geht und der dann in ebendiesem fantastischen Land Jonathan erwartet:
"Und wenn ich dann sterbe, kommst du als weiße Taube zu mir und holst
mich ab!"
Kurz vor seinem eigenen
Tod sieht Krümel auf dem Fensterbrett eine weiße Taube und er
weiß, dass dies Jonathan ist, um ihn abzuholen. In einem letzten
Fiebertraum kommt er nach Nangijala. Dort ist er gesund, kann reiten, angeln
gehen und endlich wieder gemeinsam mit Jonathan leben. Nangijala besteht
aus zwei Tälern – dem Heckenrosental und dem Krischblütental.
Im Kirschblütental, wo Jonathan und Krümel wohnen, herrscht Frieden,
doch das Heckenrosental wird von dem bösen Tyrannen Tengil unterdrückt.
Jonathan versucht mit Freunden das Heckenrosental zu befreien. Doch unter
ihnen gibt es einen Verräter und es ist an Krümel, diesen zu
enttarnen. Am Ende kommt es zum Kampf mit Tengils Drache Katla, bei dem
Jonathan verwundet wird und Krümel bittet, ihm in das Land Nagilima
zu helfen, denn hinter jedem „jenseitigen Land“ gibt es wieder eines und
das Leben geht immer weiter.
Das ist nun auch der
Punkt, an dem Krümel wirklich stirbt, hervorragend und sogar aufmunternd
beschrieben: "Oh, Jonathan, ich sehe das Licht! ICH SEHE DAS LICHT!" Hier
ist der Tod nicht schmerzhaft, sondern eine Befreiung. Dafür wurde
Astrid Lindgren nicht nur gelobt, sondern auch kritisiert – was nichts
daran ändert, dass es ihr gelungen ist, Kindern Mut zu machen und
ihnen zu helfen, mit dem Tod und dem Leben umzugehen, gegen Unterdrückung
aufzustehen und für ein freies Leben zu kämpfen. Zugleich wurde
ihr vorgeworfen, eine nicht-christliche Anschauung des Lebens nach dem
Tod zu verbreiten. Dazu sagte sie einmal, dass nicht allen Lesern klar
wird, wann wer in dem Buch stirbt, aber das störe sie nicht. – Und
in der Tat stört das wirklich nicht.
„Die Brüder Löwenherz“
ist ein warmherziges, Mut machendes Buch, das ich jedem anempfehlen kann.
Ich konnte es nie weglegen, bevor ich es durch hatte und es bewegt mich
jedes Mal von neuem. Ein Klassiker mit Klasse. Kein einfaches Buch, aber
in jedem Fall ein sagenhaft gutes Buch.
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