Ich träumte
von Irland
Sabine Dillner
Gebundene Ausgabe
- Ueberreuter
Erscheinungsdatum:
Januar 2005
ISBN: 3800051273
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Ich träumte von
Irland
Zuallererst möchte
ich darauf hinweisen, dass die Protagonistin dieses Buches nicht von Irland
träumte. Vielmehr muss Franziska, von allen Fränze genannt, wegen
schlechter Noten nach der zehnten Klasse von der Schule abgehen und weiß
nicht, was sie danach machen soll, wie sie sich ihr Leben vorstellt und
was sie eigentlich will. Da schlägt ihr ihre Englischlehrerin vor,
für ein Jahr als Au-pair nach Irland zu gehen. Ihre Nichte suche jemanden
für leichte Hausarbeit, keine Kinderbetreuung. Schließlich willigt
Franziska ein, denn was soll sie sonst tun und immerhin könnte sie
jederzeit nach Hause zurückkehren.
In Irland angekommen,
hat sie zuerst große Schwierigkeiten, sich einzugewöhnen und
denkt ständig an Abreise. Sie, die in Berlin aufgewachsen ist, landet
in der tiefsten Provinz; auf Grund des schlechten Wetters sind sogar die
Straßen zur nächsten winzigen Kleinstadt unpassierbar. Die Leute
sind vollkommen anders – nichts von deutscher Hektik. Alles geht eine Spur
langsamer. Franziska selbst weiß nicht wirklich, mit was sie sich
die Zeit vertreiben soll und kümmert sich schließlich um ein
paar Ziegen, die nur noch leben, weil sie den Besitzern zum Schlachten
Leid tun. Alles in Allem fühlt sich Franziska verloren.
Das bessert sich, als
ihr die Engländerin Betty vorgestellt wird, die ein Heim für
Esel betreibt und ihr eine Freundin wird. Vor allem aber will Franziska
bleiben, als sie Damien kennen lernt und sich in ihn verliebt. Doch diese
erste Liebe ist nicht ohne Schwierigkeiten. Damien stammt aus einer Familie
radikaler Katholiken, sein Vater gilt als Held, weil er am Aufstand gegen
die britische Vorherrschaft teilgenommen hat und Damien selbst hängt
in seiner Freizeit mit Jugendlichen herum, die nichts als Alkohol und lahme
Sprüche im Kopf haben. Und noch schlimmer: Damiens Schwager hat seine
Frau verlassen, um ausgerechnet mit der Engländerin Betty zusammenzusein,
die Franziska eine Freundin geworden ist. Als ein grausamer Mord passiert,
gerät Damien unter Verdacht …
„Ich träumte von
Irland“, von der Autorin ursprünglich unter dem passenderen Titel
„Grünes Jahr“ verfasst, schildert ein sehr plastisches und keineswegs
kitschiges Bild der grünen Insel. Die Autorin, Sabine Dillner, lebt
selbst im Westen Irlands, weiß also, von was sie schreibt. Hier gibt
es nicht diese Touristen-Träumerei, in der Armut plötzlich idyllisch
wirkt. Gegensätze und generationenalte Feindschaften haben hier ihren
Raum – von so manchem Zugewanderten mit Unverständnis betrachtet,
aber nicht zu verhindern.
Dieser Roman ist sehr
gut und fesselnd geschrieben, schon die ersten Seiten sind nicht langweilig.
Hier wird nicht geschönt und ebenso wenig dramatisiert. Das Buch ist
gut zu lesen und auf unterhaltsame, mitfühlende Weise informativ.
Wer Irland wirklich mag, wer sich für ein Au-pair-Jahr interessiert,
oder wer einfach nur über ein sechzehnjähriges Mädchen und
ihre Orientierungsschwierigkeiten, Ängste und Freuden lesen will,
wird sicher nicht enttäuscht sein.
Einzig der vom Verlag
gewählte Titel ist derart unpassend (suggeriert, dass es sich bei
dem Buch um ein irisches Pendant zu Rosamunde Pilcher handelt), dass es
von mir für diese unglückliche und vollkommen unnötige Täuschung
in der Wertung einen Punkt Abzug gibt.
© Karin Sittenauer,
2005
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