Tam Lin im Bann
der Elfen
Janet McNaughton
Gebundene Ausgabe
- 279 Seiten
Sauerländer
Erscheinungsdatum:
Juni 2005
ISBN: 3794180356
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Tam Lin im Bann der
Elfen
Lady Jeanette, von
allen Jenny genannt, wächst auf dem normannischen Gut ihres Vaters
auf. Sie hat noch zwei ältere Halbgeschwister: ihren Bruder Eudo,
der auf einem anderen Rittergut erzogen wird und ihre Schwester Isabel,
die sich in einen mittellosen Ritter verliebt hatte, mit ihm davongelaufen
und drei Tage später gebrochen zurückgekehrt war. Isabel hat
Schande auf die Familie geladen, doch das kümmert Jenny weniger. Viel
mehr macht sie sich Sorgen, weil Isabel sich in sich selbst zurückgezogen
hat, nie mehr lacht und nur noch betet. Jenny versucht, sie wieder in das
Leben mit einzubeziehen, doch das gelingt nur schleppend.
In jeder freien Minute
entwischt Jenny und reitet auf ihrer Stute La Rose in den Wald. Dort lernt
sie den seltsamen Tam Lin kennen, einen jungen Ritter, von dem man sagt,
dass er als Kind von Elfen entführt worden ist und seitdem nicht mehr
ganz richtig im Kopf ist. Jenny gegenüber benimmt er sich keineswegs
verrückt, sondern freundlich und ritterlich. Er lebt auf Carter Hall,
das einst Jennys Mitgift sein wird, das sie aber trotzdem nicht besuchen
darf. Heimlich schleicht sie sich dorthin und trifft Tam Lin, bis sie ihn
besser kennen lernt und tiefe Gefühle für ihn entwickelt.
Wer fragt jedoch nach
Gefühlen? Jenny soll Earl William heiraten, den eitlen Bruder des
Königs. Eine wahrhaft gute Partie, alle sind stolz darauf, nur Jenny
weiß nicht, was sie davon halten soll. Im Laufe von drei Begegnungen
lernt sie Earl William als eitlen, geldgierigen, brutalen und herzlosen
Mann kennen, der von ihrem Vater sogar verlangt, zu einem Geldverleiher
zu gehen, um Jennys Mitgift aufzustocken. Wie kann sie sich nur gegen diese
Hochzeit wehren, ohne alle zu enttäuschen? Mehr als alles andere will
sie Tam Lin vom Elfenbann befreien, selbst wenn es sie das Leben kostet.
„Tam Lin im Bann der
Elfen“ ist ein Jugendbuch mit 278 Seiten. Schon ab den ersten Seiten ist
es interessant und fesselnd geschrieben. Langeweile kommt keinen Moment
auf. Das Leben in der Ritterzeit wird gut eingebracht, nicht zu viel für
ein Jugendbuch, sondern anschaulich genug, um einem die Umgebung plastisch
vor Augen zu führen. Der Schreibstil ist angenehm flüssig und
die Personen wachsen einem schnell ans Herz. Sehr gut gelungen.
Lediglich am Schluss
schoss die Autorin ein klein wenig über das Ziel hinaus, obwohl ich
davon nicht viel verraten will. Nur so weit: mag ja sein, dass es in der
heutigen Zeit romantisch ist, wenn jemand konsequent unverheiratet bleibt,
in der Ritterzeit aber, in der die Handlung angesiedelt ist, starben viele
Mütter im Kindbett und es wäre konsequenter gewesen, zu heiraten,
ohne darauf zu warten, bis das Haus fertig hergerichtet ist und dem Kind
eine Zukunft zu bieten, in der es nicht nur ein „Bastard“ ist. Da ist meiner
Meinung nach der Autorin ein wenig der Stift durchgegangen und sie hat,
obwohl sie Geschichte studiert hat, nicht bedacht, wie die gesundheitlichen
Verhältnisse früher waren und zu sehr moderne Ansichten eingebracht.
Völlig unnötig, denn ein netter Schluss wäre auch zeitlich
stimmiger möglich gewesen. Das und die im hinteren Drittel extremst
zunehmenden Korrekturfehler (Ihr anstatt Euch, nichts anstatt nicht, sich
anstatt sie, uvm) haben einen schalen Nachgeschmack hinterlassen, der nicht
nötig gewesen wäre, denn das Buch war spannend und ansonsten
sehr gut geschrieben.
Der Aufbau, dass man
lange Zeit nur häppchenweise erfährt, was Isabel denn nun getan
hat, war absolut gelungen. Ebenso gut gelungen war Jennys Entwicklung,
als sie plötzlich zur zukünftigen Verlobten Earl Williams wurde
und damit zur wahrscheinlichen Königin von Schottland. Plötzlich
wurde sie, die immer freundlich war, eitel und unausstehlich zur Dienerschaft,
bis sie begriff, dass sie das nicht zu einem besseren Menschen macht und
ein Leben als eitle Adlige, die von den Dienern gehasst wird, nur einsam
macht. Dafür gibt es ein dickes Plus von mir.
Alles in allem (bis
auf die viel zu häufigen Korrekturfehler) schön zu lesen.
© Karin Sittenauer,
2005
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