Der Magier der
Erdsee
Ursula K. LeGuin
Gebundene Ausgabe
- 286 Seiten
Carlsen
Erscheinungsdatum:
Juli 2002
ISBN: 3551580901
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"Der Magier der Erdsee“
ist das erste Buch
aus dem Erdsee-Zyklus. Ursprünglich schrieb die Autorin Ursula LeGuin
drei Bücher, beinahe zwanzig Jahre später folgte der erste weitere
Band „Tehanu“, der bei manchem Leser umstritten ist, denn die ursprüngliche
Trilogie verfügte über einen runden Schluss, eine Fortsetzung
war nicht nötig. Mittlerweile gibt es noch ein Erdsee-Kurzgeschichtenbuch
und mit „Rückkehr zur Erdsee“ den bisher letzten Teil. Sie alle spielen
in der Erdsee, die aus einer Gruppe von weit mehr als 90 Inseln besteht.
Jedes der Erdsee-Bücher ist auch für sich allein zu lesen. Die
zentrale Figur ist Ged, der Sperber.
Im ersten Band, lernt
man Ged als Kind kennen. Auf Gont, einer der nördlichen Inseln, wächst
er beinahe wild auf. Seine Mutter ist gestorben und sein Vater, der Schmied,
hat nicht viel Zeit für ihn. Früh zeigt sich Geds Begabung für
Magie. Die Dorfhexe unterrichtet ihn, lehrt ihn die wenigen Worte der alten,
magischen Sprache, die sie kennt. So lernt Ged, wie man Tiere herbeiruft
oder Nebel macht.
Eines Tages wird Gont
von Barbaren aus dem Nordbereich angegriffen und durch Geds Nebelzauber
wird sein Heimatdorf gerettet. Dies erregt selbstverständlich Aufmerksamkeit,
es dauert nicht lange, bis der Magier Ogion kommt und Ged zu sich nimmt,
um ihn zu unterrichten. Zuerst lehrt er Ged hinzuhören, zu schweigen,
sich zu gedulden – doch das ist dem ehrgeizigen Knaben nicht genug, er
will schneller und vor allem viel mehr lernen. Er blättert in einem
alten Zauberbuch und findet die Formel, wie man Tote ruft. Leichtsinnig
murmelt er die Worte beim Lesen vor sich hin und ein Schatten erscheint.
Zum Glück entdeckt Ogion ihn und kann den Schatten zurück ins
Reich der Toten treiben.
Daraufhin geht Ged
nach Rok auf die Magierschule. Hier lernt er seinen besten Freund Vetsch
kennen und auch Jasper, einen Sohn aus reichem Hause. Ihn erträgt
Ged nicht. Ständig fühlt er sich von Jasper verspottet, fühlt
sich neben ihm wie der verachtete Ziegenhirte und will beweisen, dass er
der begabtere Magier ist. Er lernt fleißig, ist ein sehr guter Schüler,
doch seine Eitelkeit treibt ihn dazu, seine überragenden Fähigkeiten
vor allen vorzuführen und noch einmal die Toten zu rufen. Zugleich
mit der Gestalt einer Toten erscheint ein Schatten, der Ged angreift und
der ihn nicht wieder loslassen wird.
Dieser Schatten lauert
auf ihn, wartet, bis er die Schule in Rok verlässt und heftet sich
an seine Fersen, verfolgt ihn und greift ihn an. Erst der weise Magier
Ogion kann Ged den Rat geben, nicht vor dem Schatten zu fliehen, sondern
sich ihm zu stellen, um ihn zu besiegen. Eine Jagd beginnt, die Ged bis
auf die äußersten Inseln der Erdsee führt.
Ursprünglich wurde
Erdsee für Jugendliche geschrieben, doch das merkt man dem Buch nicht
an. Man darf nicht vergessen, dass es 1968 erschienen ist, eine lange Zeit,
in der sich die Fantasy gewandelt hat. Bei Ursula LeGuin wird man nicht
durch die Handlung gehetzt, wie es in heutiger Fantasy häufig der
Fall ist. Zugleich ist der zeitliche Abstand zu einem Werk wie „Der Herr
der Ringe“ groß genug, so dass die Gut-Böse-Trennung aufgehoben
wurde - ein Gewinn für diesen Zyklus - zum Glück, denn niemand
will immer nur das gleiche Schema lesen. Hier fußt das Böse
im eigenen Inneren, setzt Eitelkeit bedrohliche Dunkelheit frei und zerstört
das unbeschwerte Leben eines Schülers und Mannes. In Kritiken habe
ich gelesen, dass diese Moral manchem Leser zu deutlich aufgetragen war.
Ich selbst habe es nicht so empfunden. LeGuins Betrachtungsweise ist eine
philosophische und das sehe ich durchaus positiv.
Mehr noch als die eigentliche
Handlung berühren in Erdsee die Gefühle der Personen, die Erkenntnis,
dass jeder Schritt einen weiteren nach sich zieht. Da Ged ein eher schweigsamer
Zeitgenosse ist, besticht dieses Buch nicht durch spritzige Dialoge und
die Handlung im hinteren Drittel besteht aus Verfolgung und Erschöpfung.
Aus diesem Grund hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin dem
Zauberer Ged noch mehr Tiefe verliehen hätte, so dass seine Jagd auch
zur Jagd des Lesers geworden wäre. Dies ist ihr nicht ganz gelungen,
trotz des fesselnden Anfangs ist das Buch stellenweise ein wenig eintönig.
Zur Verdeutlichung
der Erdsee und besseren Nachvollziehbarkeit von Geds Fahrten hätte
ich mir eine Landkarte gewünscht. Ansonsten ist diese Hardcoverausgabe
sehr ansprechend gestaltet.
© Karin Sittenauer,
2005
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