LeGuin, Ursula


Das ferne Ufer
Ursula K. LeGuin
Gebundene Ausgabe - 319 Seiten
Carlsen 
Erscheinungsdatum: März 2003
Auflage: 1
ISBN: 355158091X
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„Das ferne Ufer“ 
ist der dritte Teil des Erdsee-Zyklus und vermutlich auch der ursprünglich letzte, denn die Autorin hat die Reihe erst ungefähr 20 Jahre später fortgesetzt. Auch dieses Buch ist ohne Kenntnis der Vorgängerbände lesbar. Ged jedoch, der hier eine der Hauptpersonen ist, ist einem vertrauter, wenn man die anderen Bücher kennt.

Nachdem Ged also in Band 2 den Ring von Erreth-Akbeh gefunden, die Rune des Friedens wiederentdeckt und nach Havnor gebracht hat, ist er nach einigen anderen herausragenden Taten, die nicht extra erzählt werden, zum Erzmagier geworden. Als solcher lebt er zu Beginn des Buches schon einige Jahre auf Rok, als der junge Prinz Arren kommt und von erschreckenden Ereignissen berichtet: Auf seiner Heimatinsel Enlad vergessen Magier die alten Namen (wer die wahren Namen kennt, kennt ihr ursprüngliches Wesen, ihre Magie und kann sie beherrschen) und Sprüche, Barden ihre Lieder, das Volk glaubt nicht mehr an Magie und hält alles für Scharlatanerie. Ernten verdorren, Jungtiere kommen missgestaltet zur Welt und Menschen hassen und verletzen einander.

Auch von anderen Inseln der Außenbereiche hört man solches und so macht sich Ged gemeinsam mit Prinz Arren auf, um zu ergründen, was vor sich geht. Von Insel zu Insel segeln sie, befragen Menschen und ernten Misstrauen, wenn sie von Magie sprechen. Selbst Magier bezweifeln, je besondere Kräfte besessen zu haben, bringen keine Zauber mehr zu Stande und verlieren ihren Lebensmut. Andere flüchten sich in Drogenträume und erzählen von jemandem mit einem Licht, der sie zu sich ruft. Die Angst zu sterben hindert die Menschen am Leben, denn sie denken nur noch an das Ende und wie sie ihm entgehen können. Aus Furcht versinken sie in Depressionen. Auch Arren ist davor nicht gefeit.

Ged wird sehr schwer verwundet, während Arren ohne seiner Führung mehr und mehr der Verzweiflung anheimfällt, die jetzt überall herrscht. Sogar in Rok ist das Verderben eingedrungen, Drachen bitten um Hilfe und Ged und Arren treiben im Boot über die Erdsee hinaus aufs Meer, dorthin, wo es kein Land gibt.

Anders als viele Fantasy-Romane, in denen das Böse nur extern existiert und mit Waffen von unanfechtbar Guten bekämpft werden muss, erlaubt sich Ursula K. LeGuin, die Menschen vielschichtig zu sehen, nicht in Gut und Böse aufzuteilen und unabänderlich dort zu belassen, sondern jeden Menschen anfechtbar zu zeigen. Jeder hat Gut und Böse, Hell und Dunkel in sich. Wo Licht ist, gibt es auch Schatten, Leben ist ohne Tod nicht möglich. Erdsee braucht keine großen Schlachten mit bluttriefenden Waffen und ist trotzdem spannend. Hier fehlt es an nichts, Helden gehen bis an ihre Grenzen und darüber hinaus, bringen große Opfer, machen Fehler und reifen dabei. In diesem Buch wird der kindliche Prinz Arren zum Mann, der sogar das Reich der Toten betritt und standhaft bleibt. Miteinander reden, Lachen und Vertrauen sind die wirksamsten Mittel gegen Missgunst und Misstrauen. Ged und Arren lernen dies und die Leser mit ihnen.

Ein schönes drittes Buch, in dem das Wissen um Mythen und Magie der Inselwelt Erdsee vertieft wird. Dabei rundet es stimmig die anderen Bücher ab. Durch die Gespräche zwischen Ged und Arren verlaufen die Seereisen nicht so eintönig, wie es stellenweise im ersten Band der Fall war. Arren ist ein sehr sympathischer junger Mann, mit dem sich jüngere Leser sicherlich identifizieren können. 

© Karin Sittenauer, 2005
 
 

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