McKillip, Patricia


Der Zaubergärtner
Patricia McKillip
Broschiert - 367 Seiten
Blanvalet, München 
Erscheinungsdatum: November 2006
ISBN-10: 3-442-24392-0
ISBN-13: 978-3-442-24392-1 
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„Der Zaubergärtner“

Brenden Vetch trägt schwer an der Trauer um seine Eltern, die an einem unbekannten Fieber gestorben sind, obwohl er versucht hatte, die richtigen Kräuter zu finden, um sie zu heilen. Er fand die Kräuter, heilte viele Menschen im Dorf, auch seinen Bruder, doch die Eltern waren zu früh erkrankt. Und dann verlässt auch noch der Bruder das Haus, weil er diese traurige Umgebung voller Erinnerungen nicht mehr erträgt. Brenden bleibt allein zurück, wendet sich mehr und mehr den Pflanzen zu, der Natur, den Wörtern im Wind. Ohne es selbst zu bemerken, macht er sich als Heiler einen guten Namen.

Und dann kommt Od, eine Frau so groß wie eine Riesin, und bittet ihn, in ihre Magierschule in der Hauptstadt von Numis zu kommen. Dort soll er als Gärtner arbeiten, nicht, um Gemüse anzubauen, sondern um magische Pflanzen zu betreuen, um die Magie in ihm selbst kennenzulernen, um seine Trauer zu überwinden.

Im Herbst macht er sich auf den Weg, erreicht die Magierschule am Fuß der Königsburg in Kelior und betritt sie durch die Tür unter dem Schuh. Bald erfährt er, dass dies seit 19 Jahren nicht mehr vorgekommen ist, weil niemand diese Tür sieht.

Vor 19 Jahren trat Yar durch diese Tür, wurde Schüler und lebt jetzt als Lehrer dort. Durch Brenden erkennt Yar mehr denn je, wie viel seiner ursprünglichen Magie er vergessen hat, wie sehr diese Schule ihre Schüler nach dem Willen des Königs formt und überwacht. Später sollen sie den Fürsten dienen, um deren Macht noch zu steigern. Ihnen wird nur gelehrt, was im Interesse des Königs ist. – Nur, verliert die Welt nicht viel zu viel, wenn jegliche Magie unter Kontrolle gehalten wird? Gibt es nicht mehr, das man lehren und erfahren sollte? Diese natürliche Kraft in Brenden darf nicht zerstört, sondern gefördert werden.

So wird dem König verschwiegen, durch welche Tür Brenden getreten ist und welch große, ursprüngliche Magie in ihm steckt, eine Magie, die er nur dadurch unter Kontrolle hält, dass er sie zu ignorieren versucht.
Doch der König erfährt von dem neuen Gärtner und Brendens Kraft wird offenbar...

In „Der Zaubergärtner“ bleibt Patricia McKillip ihrer Linie treu, gefühlvolle Fantasy zu schreiben. Schon zu Beginn, wenn man mit Brenden vor der Tür unter dem Schuh steht und in einem Rückblick seine Geschichte, seinen Kummer erlebt, wird man in die Handlung gezogen. Der Moment, als er Od sieht, diese Kleinigkeiten, als die Autorin beschreibt, wie Od mit den Tieren umgeht, die sie bei sich hat, steckt so voller Beobachtungsfreude und Einfühlungsvermögen, dass es Spaß macht, sich in der Geschichte zu versenken.

Später, in Kelior, schlüpft der Leser in mehrere Perspektiven: Brenden, der Lehrer Yar, der Stadtwächter Arneth Pyt, Prinzessin Sulys, die Tänzerin Mistral ...
Manchmal ging mir persönlich der Wechsel zu rasch. Patricia McKillip versteht es meisterhaft, Gefühle zu beschreiben, dem Leser nahe zu bringen. Gerne wäre ich mit ihr noch tiefer in die Charaktere eingetaucht, anstatt mich herausreißen zu lassen, um in einen anderen zu schlüpfen.

Dennoch bringt sie einem jeden einzelnen Perspektivträger nahe. Auch die Stadt Kelior steht einem plastisch vor Augen. Darin ist die Autorin eine wahre Meisterin: Beschreibungen. Nicht oberflächlich, sondern sinnlich tiefergehend. Eine Hand, die mit Schriftrollen spielt, ein Käfer, der sich durch Haar kämpft, Stille, in der Worte schweben, beinahe erreichbar.

Wer Patricia McKillips Art zu Schreiben mag, wird auch diesen Roman lieben. Ich persönlich mochte ihn vielleicht nicht ganz so gern wie „Der Drachenturm“, dennoch ist er eines der Bücher, die ich immer und immer wieder zur Hand nehme, um darin zu blättern und zu lesen.

Unnötig finde ich (wie jedes Mal, wenn ich ein Buch dieser Autorin aus dem Blanvalet-Verlag bespreche) die kitschig-bunte Covergestaltung. Auch der Originaltitel „Od Magic“, wäre bei weitem passender gewesen, als „Der Zaubergärtner“. Hier geht es nicht nur um Brenden, sondern um ein vielschichtiges Gespinst von Handlungssträngen und Entwicklungen, die zusammenlaufen und sich beeinflussen. Ods Art und Verständnis der Magie ist der zentrale Punkt, um den die Handlung spielt und den sie am Ende erreicht.

Ein wunderschönes Buch voller Poesie und Gefühl. Wer in Fantasy Schlachten, Elfen und Orks sucht, sollte die Finger davon lassen. Wer sich verzaubern lassen will: unbedingt lesen.

© Karin Sittenauer, 2007
 


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